Offener Brief: Recht auf Gesundheit für alle Menschen
Offener Brief an die Landesregierung
Am heutigen Tag, 18.05.2020, haben wir einen offenen Brief an die Landesregierung zur Situation in der Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete in der Lindenstraße in Bremen-Vegesack versandt. Der Brief im Wortlaut:
Sehr geehrte Frau Stahmann,
Sehr geehrte Frau Bernhard,
Sehr geehrter Herr Bovenschulte,
Sehr geehrte Damen und Herren,
seit Wochen verfolgen wir mit Sorge die Situation in der Erstaufnahmestelle für Geflüchtete in Bremen-Vegesack. Bereits zu Beginn der Corona-Pandemie in Bremen wurde von vielen Seiten die Befürchtung geäußert, dass sich das Virus in der Einrichtung im Handumdrehen verbreiten wird, wenn erst einmal eine Person dort erkrankt ist. Dieser Fall ist eingetreten. Über 146 Personen haben sich dort bereits mit dem Virus infiziert. Nirgends in Bremen häufen sich die Infektionsfälle so sehr wie hier.
Das finden wir nicht hinnehmbar. Geflüchtete sind keine Menschen zweiter Klasse. Die Herkunft oder der Aufenthaltsstatus darf nicht darüber entscheiden, ob man die Chance bekommt, sich vor dem Virus zu schützen. Geflüchtete sollten im Land Bremen die gleiche Möglichkeit haben, sich vor einer Infektion zu schützen, wie Sie und wir sie haben.
Eine weitere Reduzierung der Belegung der Unterkunft in der Lindenstraße, wie von Ihrer Koalition beschlossen, bietet keinen ausreichenden Schutz für die Bewohner*innen. Solange sie sich Gemeinschaftsräume, Toiletten und Duschen mit anderen Personen teilen müssen, werden sie eine Infektion auf Dauer nicht vermeiden können. Unterbringungen in anderen Gemeinschaftsunterkünften sehen wir hierbei nicht als Lösung, sondern nur als Aufschieben und Verlagerung des Problems an.
Wir haben von Geflüchteten, die aus der Lindenstraße verlegt wurden, berichtet bekommen, dass sie nun in einer Unterkunft leben müssen, in der sie nur über Nacht bleiben und nicht einmal mehr Essen gebracht bekommen dürfen. Wir fordern Sie auf, diese Umstände aufzuklären. Mit solchen Berichten wirkt es, als wollten Sie nicht die Lebensumstände der Geflüchteten verbessern, sondern lediglich ihren Protest ruhigstellen. Weiterhin fordern wir Sie auf, für transparente Informationen gegenüber den in den Sammelunterkünften wohnenden Personen zu sorgen. Sie wissen zumeist nicht Bescheid, ob und wann sie verlegt werden, geschweige denn wohin. Außerdem fordern wir, Verlegungen ohne polizeiliche
Begleitung umzusetzen. Von uniformierten, bewaffneten Personen an einen unbekannten Ort gebracht zu werden, ist für viele Geflüchtete aufgrund von Erfahrungen auf ihrer Flucht retraumatisierend. Wir können uns nicht vorstellen, wofür die Polizei bei Verlegungen gebraucht werden sollte, wenn diese transparent und in eine bessere Unterbringung erfolgen.
In München ist bereits ein Geflüchteter, der in einer Sammelunterkunft wohnen musste, an den Folgen der Corona-Infektion gestorben. Er gehörte weder aufgrund des Alters noch aufgrund von Vorerkrankungen zu einer Risikogruppe. Wir wollen nicht abwarten, bis sich das in Bremen wiederholt. Deshalb wenden wir uns mit unserer Forderung nun direkt an Sie: Sammelunterkünfte sind während einer Pandemie keine sicheren Orte. Schließen Sie die Erstaufnahmeeinrichtung in der Lindenstraße und die Landesaufnahmestelle in der Alfred-Faust-Straße!
Schaffen Sie eine dezentrale Unterbringung für alle sowie eine dezentrale Versorgungsstruktur für kürzlich in Bremen angekommene Geflüchtete. Die Corona-Krise hat gezeigt, dass entschiedenes Handeln machbar ist, wie wir es vorher alle nicht für möglich gehalten hätten. Wir fordern Sie dringlichst auf: Tun Sie es auch an dieser Stelle.
Mit sozialistischen Grüßen – Freundschaft!
Sozialistische Jugend – die Falken Kreisverband Bremerhaven
Sozialistische Jugend – die Falken Kreisverband Bremen
Sozialistische Jugend – die Falken Landesverband Bremen
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